Kanzel

Kanzel
Kan|zel ['kants̮l̩], die; -, -n:
1. auf einer Säule ruhende oder an einem Pfeiler angebrachte, von einer Brüstung umgebene Plattform, von der aus im Gottesdienst gepredigt wird:
auf der Kanzel stehen; die Pfarrerin predigte von der Kanzel herab.
2. Cockpit eines Flugzeugs:
der Pilot blickt aus der Kanzel in den Frachtraum.
Zus.: Pilotenkanzel.

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Kạn|zel 〈f. 21
1. erhöhter Predigerstand in der Kirche
2. 〈Flugw.〉 verglaster Führersitz im Flugzeug
3. 〈Jägerspr.〉 = Hochstand
4. 〈veraltet〉 Katheder
[<ahd. kancella „abgesonderter Platz für die Geistlichen in der Kirche“ <mlat. cancelli „Gitter, Schranken, das durch Schranken abgetrennte Lesepult für die Geistlichen in der Kirche“]

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Kạn|zel , die; -, -n [mhd. kanzel, ahd. kancella < lat. cancelli (Pl.) = Einzäunung, Schranken, zu: cancer = Gitter, wohl dissimiliert aus: carcer, Kerker]:
1. auf einer Säule ruhende od. erhöht an einem Pfeiler angebrachte, von einer Brüstung umgebene kleine Plattform im vorderen Teil der Kirche, von der aus der Geistliche predigt:
eine reich mit Schnitzereien versehene K.;
auf die K. steigen.
2. Cockpit (1).
3. (selten) kleiner, erhöhter Pavillon auf einer Verkehrsinsel für Polizisten, die den Straßenverkehr regeln.
4. (veraltet) Rednerpult, Katheder.
5. (Bergsteigen) Vorsprung in einer Felswand.
6. (Jägerspr.) Hochsitz.

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Kanzel
 
[althochdeutsch kancella, von lateinisch cancellus, Plural cancelli »Einzäunung«, »Schranken«],
 
 1) Architektur: der erhöhte Standort für die Predigt, über eine Treppe erreichbar und von einer Brüstung umgeben. Die Kanzel befindet sich innerhalb des kirchlichen Raums oder außerhalb des Bauwerks (Außenkanzel). Ihr Name leitet sich ab von den Cancelli, den Schranken, die in der frühchristlichen Kirche Chor und Langhaus, den Altarraum vom Laienraum, trennten und mit denen der Ambo, eine Vorstufe der Kanzel, verbunden war.
 
Die Kanzeln entstanden im 12./13. Jahrhundert in Italien unter dem Einfluss der Bettelorden; v. a. in der Toskana wurden sie mit reichem Reliefschmuck ausgestattet (N. und G. Pisano in Pisa, Pistoia und Siena). Nördlich der Alpen bildete sich die Kanzel im Zusammenhang mit dem Lettner heraus. Bei zunehmender Bedeutung der Predigt fand die Kanzel im späten Mittelalter ihren Platz an einem Langhauspfeiler. Außenkanzeln wurden v. a. an Wallfahrtskirchen angebracht. Zu den bedeutendsten Beispielen gehören die Außenkanzel am Dom in Prato (1434-38) mit Reliefs von Donatello und am Stephansdom in Wien (1846). Im späten 15. Jahrhundert ist die Ausbildung der bis ins 20. Jahrhundert üblichen Kanzelform abgeschlossen. Sie besteht aus dem Korb, der ihn tragenden Stütze oder Wandkonsole und einer oder zwei Treppen. Ein Schalldeckel schließt die Anlage nach oben hin ab. Alle Elemente der Kanzel aus Holz oder Stein sind Gegenstand reicher künstlerischer Ausgestaltung (Tulpenkanzel des H. Witten im Freiberger Dom, 1508-10). Bevorzugt wurden die Evangelisten und Kirchenväter dargestellt. Die Renaissance führte außer neuen Architekturformen allegorische Figuren ein. Der Kanzelträger wurde nun oft figürlich gestaltet (Jonas, Moses, Paulus, Simson und Engel als Karyatiden). Die Barockkanzel wurde zu einem Prunk- und Schaugebilde, das der strenge Protestantismus ablehnte. Die Kanzel konnte symbolische Gestalt annehmen, z. B. die eines Schiffes (ehemalige Benediktinerabteikirche in Irsee, 1724/25). Als Ort der Predigt rückte die Kanzel in den Kirchen der Reformation in den Mittelpunkt. Maßgebend wurde der Grundsatz, die Kanzel müsse am »gemeindenächsten« Platz stehen.
 
 
P. Poscharsky: Die K. Erscheinungsform im Protestantismus bis zum Ende des Barock (1963);
 G. Adriani: Der mittelalterl. Predigtort u. seine Ausgestaltung (1966);
 H. Mai: Der ev. K.-Altar, Gesch. u. Bedeutung (Halle/Saale 1969);
 E.-S. Altenloh: Sakrale Außen-K. in Europa von der Romanik bis zur Gegenwart (1985).
 
 2) Flugzeug: ältere Bezeichnung für Pilotenraum (Pilotenkanzel), speziell für die verglaste Rumpfnase mehrmotoriger Flugzeuge.
 

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Kạn|zel, die; -, -n [mhd. kanzel, ahd. kancella < lat. cancelli (Pl.) = Einzäunung, Schranken, zu: cancer = Gitter, wohl dissimiliert aus: carcer, ↑Kerker]: 1. auf einer Säule ruhende od. erhöht an einem Pfeiler angebrachte, von einer Brüstung umgebene kleine Plattform im vorderen Teil der Kirche, von der aus der Geistliche predigt: eine reich mit Schnitzereien versehene K.; auf die K. steigen; wenn man den Wahlaufruf der katholischen Bischöfe des Landes liest, der auf allen -n verlesen wurde (Augstein, Spiegelungen 95); wenn man von der bayrischen CSU absieht, deren Programm im Ordinariat des Erzbischofs von München-Freising gemacht und von den -n verkündet wird (Augstein, Spiegelungen 70). 2. Cockpit (1): Der Flugzeugführer späht zur K. hinaus, dreht sich dann um zur Besatzung und schreit (Küpper, Simplicius 34). 3. (selten) kleiner, erhöhter Pavillon auf einer Verkehrsinsel für Polizisten, die den Straßenverkehr regeln: Auch ein Verkehrspolizist, den man von seiner K. gerufen hatte, konnte da nichts ausrichten (Frisch, Gantenbein 494). 4. (veraltet) Rednerpult, Katheder: Wir ... saßen im Hörsaal nebeneinander. Als der Redner seine K. bestieg und seine Ansprache begann, enttäuschte er manche Zuhörer (Hesse, Steppenwolf 13). 5. (Bergsteigen) Vorsprung in einer Felswand: Ein gewagter Quergang ... bringt sie auf eine kleine K. (Trenker, Helden 171). 6. (Jägerspr.) Hochsitz.

Universal-Lexikon. 2012.

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